02/2015 Meine Kinder würden sich kümmern, wenn …

 

02_Feb_2015_Veronika und Marusa

Marusha, 55 Jahre,
mit ihrer behinderten Tochter
Veronika, 18 Jahre, Oxentea, Moldawien

 Veronika war sechs, als das Unglück passierte. Im Winter im Schnee fuhren die Dorfkinder Schlitten an einem steilen Hügel. Meine Jüngste prallte gegen einen Telegrafenmasten aus Beton und war ohnmächtig. Im Hospital in Criuneni sagte man, das werde schon wieder, aber Veronikas Gehirn hatte einen schweren Schaden abbekommen. Sie hört nicht, spricht nicht und gibt nur stöhnende Laute von sich. Auch ihre Füße waren nicht mehr zu gebrauchen, ganz deformiert waren die, und sie hat viele Jahre nur gelegen. Ganz wund war sie vom Liegen. Seit Veronika operiert wurde und eine Gehtherapie gemacht hat, läuft sie auf Krücken, lacht wieder und ist ein fröhlicher Mensch geworden. Seitdem ist unser Leben besser. Aber gut ist es nicht.

Vor acht Jahren starb mein Mann. Mit achtundvierzig. Er hatte Streit mit seinem Chef, weil der den Lohn schuldig blieb. Mein Mann hatte sich schrecklich aufgeregt und als ich ihn morgens wecken wollte, lag er tot im Bett. Sein Herz war zu schwach gewesen. Wir hatten sechs Kinder. Drei von ihnen leben heute in Moskau, zwei wohnen irgendwo hier im Land. Aber sie kommen nie zu Besuch. Im Kommunismus war es unvorstellbar, dass jemand unser Dorf verlässt. Sicher schmerzt es, dass ich meine Enkelkinder noch nie gesehen habe. Als ich jung war, gingen die Kinder mit ihren alten Eltern respektvoll um. Aber meine Söhne und Töchter sind ja selber arm. Deshalb bleibe ich mit meiner Veronika allein. Ohne Unterstützung. Ich bin sicher, würden meine Kinder nicht so weit weg wohnen, dann würden sie sich bestimmt um ihre Mutter und ihre Schwester kümmern.