Kalkutta: Ein Streifzug durch die Mysterien

Bettler Göttin Kali

Im Bann
der schwarzen Göttin

Mit mar­tialischem Gestus hebt Rabindra die Hände zu einer grimmigen Angriffspose, durchschneidet die Luft mit ein paar Handkantenschlägen und ficht einen imaginären Gegner nieder. Dann lächelt er sanft und sagt: „So ungefähr musst Du Dir die Entstehung Kal­kuttas vorstellen.“ Sodann erfahre ich die grausliche Ge­schichte, wie der Gott Vishnu seinen Kriegsdiskus schleuderte und die Gattin Shivas, die mal Sati mal Durga heißt, in Stücke zerlegte. „Wo die Zehen ihres rechten Fußes am Ufer des Ganges zu Boden fielen“, so Rabindra, „entstand Kalighat, der Tempel der Göttin Kali, dem Kalkutta seinen Namen verdankt.“

„Nein“ sage ich und krame meinen Reiseführer Indien hervor. „Hier steht, Vishnu zerteilte Durga mit den scharfen Rädern seines Streitwagens, und es waren auch nicht ihre Zehen, son­dern bloß ein Finger, der herunterfiel.“ Rabindra schaut mich erstaunt an. „Las uns nicht streiten, aber glaub mir, es waren ihre Zehen.“ Ich glaube. Rabindra Debi lächelt. Vor einer Stunde erst habe ich ihn am Ufer des Ganges kennengelernt, vor einem der unzähligen kleinen Altäre, die Kalkuttas Schutz­göttin Kali geweiht sind. Nun bietet der Soziologe mir an, mich die näch­sten Tage durch das Labyrinth der hinduistischen Mythologie zu führen. „Ich hole Dich morgen früh ab“, verspricht er, „denn morgen ist Puja, Opfertag, der Tag des Gottes Vishwakarma. Dann ist Tag der offenen Tür in allen Fabriken.“

Rabindra ist pünktlich. Kalkutta präsentiert sich frühmorgens wie an jedem Tag. Schlichtweg chaotisch. Von einem Festtag, an dem Vishwakarma, der Baumeister des Universums und der Gott Maschinen, vom Pantheon der hinduistischen Götterwelt herabsteigen soll, ist nichts zu spüren. „Warte nur ab“, sagt mein Fremdenführer. „Meistens beginnt die Puja in aller Stille, im Kreis der Familie, am mit einem rituellen Opfer am Hausaltar. Ganz sicher endet die Puja auf den Straßen.“

Sie endete auf den Straßen. An jeder Ecke Lobpreis der Schöp­ferkraft, Ruhm den Werkstätten, Ehre den Maschinen, Ehre allem, was sich eiernd und quietschend, ratternd und rumpelnd abquält, den Gesetzen der Mechanik zu folgen. Fahrräder sind ebenso mit Blumenketten geschmückt wie die schrottreifen „Ambassadors“ der Taxifahrer. Kulis spannen sich vor ihre Flitter behangenen Rikschas, Wäscher verehren ihr von glühenden Kohlen erhitztes Bügeleisen. Schreiberlinge streuen Blüten auf ihre antiquierten Tippgeräte. Girlanden hängen an Bohrmaschinen, Drehbänken und Leitungsrohren. Wie fern ist Europa, in Anbetracht gesegneter Wasserhähne, beseelter Tauchsieder, geweihter Flaschenzüge.

Inmitten der Menschenmassen, berauscht, fiebernd, trunken und verzückt von der göttlichen Präsenz erleben wir die Inkarnation Vishwakarmas im Fabrikhof der „Berger Paints India LTD.“. Ar­beiter drängen sich durchs Werkstor, ihre Frauen im feinsten Sari, die Kinder im Sonntagsstaat mit grellbunten Luftballons und ohrenbetäubenden Papptröten. Die gemeinhin weltlichen, doch heute geheiligten Hallen der Lackfarbenfabrik stehen jedem of­fen. Doch zunächst ist der bei 35 Grad Hitze und 97 Prozent Luftfeuchtigkeit schweißtriefende Europäer, blond und mit Ka­mera um den Hals, ein Fall für die „Security“.

Eine nette Security. Denn das Dutzend Uniformierte, das am „Gate No.1“ auf mich zustürzt, ist eher von Neugierde getrieben als von dem Diensteifer, ein ins Unternehmen eindringendes Sicherheitsrisiko auszuschalten. Dann erscheint Abhijit Banerjee. Schirmmütze und Schulterklappen weisen ihn untrüglich als „Head Officer“ der „internal, external Security“ aus. Seine wortlose, herrische Geste, die seine Untergebenen unmissverständlich als Aufforderung zum Rückzug deuten, lässt sich leider nur grobschlächtig übersetzen: „Schnauze und Abhauen“.

Abhijit Banerjee führt mich in sein Büro. Dutzende rostiger Farbeimer türmen sich in bedrohlicher Schräglage, gestützt von Stapeln verstaubter Aktenordner. Die scheinen, genau wie die unablässig rappelnden Telefone, aus jener Zeit herübergerettet, als das Unternehmen noch dem christlichen Abendland unterstand, Kalkutta noch Metropole des United Kingdom war und „Badschija-Farben“ als „British Paints“ firmierte.

„Allein wegen Vishwakarma wollen Sie in die Fabrik“, fragt Officer Banerjee ungläubig und versucht vergeblich den Decken­ventilator in Gang zu setzen. „Ja“, sage ich, „nur wegen Vishwakarma.“ Mein Begleiter Rabindra pflichtet heftigste auf Bengali bei. Officer Banerjee überlegt eine Weile, reibt sich das Kinn, denkt hin und her, bis er sich durchringt zu einem: „Gut, sehr gut. Er ist eine Imagination Brahmas, müssen Sie wissen. Vishwakarma wurde aus dem Nichts geschaffen, aus dem Nichts ge­zeugt, verstehen Sie.“ „Ja, ja“, antworte ich mit stockender Stimme und verlegenem Blick, „so ungefähr.“ „Ich bringe sie zum Chef der Produktion“, meint der Chef der Sicherheit. „Was soll ich Ihnen über Vishwakarma erzählen. Ich kenne ja selbst nur ein Prozent seiner Geschichte. Höchstens ein Prozent.“

„Dem Gott der Produktion zu huldigen, das ist der Wille der Menschen“, sagt Mr. Nimai Ghosh. „Damit sind natürlich auch alle Dinge eingeschlossen, die die menschliche Schöpferkraft und Existenz erhalten.“ Das klingt plausibel am ausladenden Konferenztisch des General Manufacturing Managers. Bei Tee und Gebäck, Cold Drinks, Air-Condition und feinen englischen Ziga­retten leuchtet ein, wieso in den vier Händen Vishwakarmas Schraubenschlüssel und Kneifzangen stecken. „Die Geschäfte müs­sen laufen, die Maschinen ausgelastet, die Arbeiter gesund sein“, erfahre ich. „Deshalb ruft der Priester Vishwakarma. An diesem Moment der Glückseligkeit sollen alle Arbeiter teilhaben um ihre Bestimmung zu erfüllen, der Gesellschaft auf die best-mögliche Weise zu dienen.“

„Wird hier nicht die Religion vor einen Karren gespannt, mit dem die Arbeiter Indien aus dem Mittelalter in den Frühkapita­lismus ziehen sollen?“ Ich habe die Frage kaum gestellt, da spüre ich schon wie deplaziert sie ist. Eine europäische Frage. Entsprungen dem Kulturkreis einer säkularisierten Welt, wo der religiöse Glaube den All­tag längst nicht mehr durchdringt.

Herr Ghosh versteht meine Frage nicht. Ich verstehe nicht, warum er nicht versteht und ziehe an meiner Dunhill. Herr Ghosh lächelt. „Was sonst sollte die Bestimmung des Arbeiters sein“, sagt er. „Alles hat seine Bestimmung. Auch der Unternehmer. Er­stens muss er dafür sorgen, dass niemand hungert. Zweitens muss er weit mehr. Er muss den Menschen die nackte Sorge um Essen, Kleidung und Wohnung nehmen. Damit sie frei sind, ihre Kultur, ihre Kreativität, ihre geistigen Kräfte zu entfalten.“

Zur Erinnerung. Wir sind in einer Stadt, deren Name in euro­päischen Köpfen zumeist nur eine Vorstellung hervorruft: „Elend“. Interessiert da ein Maschinengott, der im Schatten der Göttergiganten Brahma, Vishnu oder Shiva nicht mehr ist, wie Rabindra Debi meint, als ein „deputy minister“, eine Art himmlischer Hilfssheriff. Darf man über eine Farbenfabrik schreiben, die gerade mal 5OO Arbeiter beschäftigt, die allesamt stolz sind auf ihr Unternehmen, das sie krankenversichert, ihnen Rente zahlt sowie ein Minimum von 2OOO Rupien monatlich? Ein Lohn, von dem das Gros der Menschen Kalkuttas nicht einmal träumen kann.

Muss man nicht erst einmal den Irrsinn der Zehn-, Zwölf-, Vierzehn-, Weiß-Gott-wieviel-Millionen-Stadt beschwören? Das Chaos, die Armut, den Verfall, den Dreck, den Gestank. Das Heer der Bettler, die 45OO Slums, die halbe Million Pflasterschlä­fer, die verstümmelten Leprösen und die helfenden Hände Mutter Teresas. Muss man nicht zu allererst das Bekenntnis ablegen sich zu schämen, des Flugtickets, des Hotelzimmers, der nackten Tat­sache anwesend zu sein? Ein Bekenntnis, so wie Günter Grass es geliefert hat, der für seine Tagebuchaufzeichnun­gen „Zunge zeigen“ sechs Monate am Ganges weilte, um in jenem „Haufen Scheiße“ zu stochern, „den Gott fallen ließ und Kal­kutta nannte“.

Kalkutta ist eine gefährliche Stadt. Überall Fallen. Hin­eintappst, wer sich am eigenen Entsetzen ergötzt, genau wie derjenige, der sich blenden lässt, von der grellen, schillernden Welt überwuchernder Mythen und Geschichten. An jeder Ecke locken Phantasmen. Sie überfluten die Sinne, überreizen die Wahr­nehmung. Kalkutta ist gefährlich, weil seine Bewohner so fried­lich sind. Ihre Unbefangenheit, ihre Würde, ihr Lächeln laden ein. Ihre Freude steckt an. Doch sie kann auch blind machen, die Armut zu verklären, die Armen zu heroisieren in ihrem täg­lichen Kampf um zwei Mahlzeiten. Kalkutta ist grausam. Niemand jedoch würde sich nach einem dummsinnigen Wort von Günter Grass als „weißbehemdete Made in einem viktorianisch verkleckerten Scheißhaufen“ fühlen, dem „immer neue Schnörkel einfallen“.

Die Meister des Schnörkels sind im Gassengewirr Kumartulis zu Hause. Unter den geschickten Händen unzähliger Skulpturenbauer erwachsen die phantastischen Bildnisse der Götter, zusammen­geknetet aus Stroh, Lehm und Kuhdung, bemalt mit reichlich bun­ter Farbe. Zurzeit läuft die Produktion der „unergründlichen Durga“, die in Kalkutta mit der „schrecklichen Kali“ identifiziert wird, auf Hochtouren. Kalkuttas Puja schlechthin steht bevor. In 1OO.OOO Variationen wird die achtarmige Durga, Gattin Shivas, des Gottes der Zerstörung, auf Löwen reitend Kalkutta daran erinnern, dass sie in zorneswü­tigem Kampf Dämonen die Köpfe abzuschlagen pflegt.

Wir gehen zum Ufer des Hoogly, dem breiten Seitenarm des Gan­ges, der Kalkutta von der Stadt Howrah trennt. Spaziergänge am heiligen Fluss geraten regelmäßig zur esoterischen Achterbahn­fahrt. Wir treffen tätowierte „Burning men“, kastenlose Hand­langer, zuständig für die Leichenverbrennung an den Bestat­tungsghats. Zwischen abgekokelten Scheiterhaufen lassen die die Flaschen „Country Liqeur“ kreisen. Ein obskures Gesöff, die billigste Attacke auf Körper und Verstand. Auf den Stufen der Badeghats meditieren Yogis im Lotussitz neben Asketen mit ver­filzten Haarzöpfen. Hier hocken Heilige und Quacksalber, Bet­telmönche und Wanderprediger, die ihr dreizackiger Wanderstab, die Trischula, als Anhänger Shivas ausweist. Haschischraucher entbieten uns ihr Pfeifchen, Bethelnusskauer rotzen rotes Ge­spei. Dazwischen Huren, Kuppler und Zuhälter, die „beautiful poor women“ anpreisen: „One hour, three shots, hundred Rupees“.

Gottlob gibt zur Beruhigung der Sinne Belur Math, gegen­über, auf der anderen Seite des Hoogly. Die religiöse Stätte, deren sakraler Prachtbau je nach Blickwinkel als christliche Kirche, moslemische Moschee oder hinduistischer Tempel er­scheint, ist der wohl ruhigste Ort Kalkuttas. Eine Oase der Stille, der Meditation, der inneren Einkehr. Ein Ort zum Atem­holen. Neunhundert hinduistische Mönche leben hier, Anhänger des sozialreformerischen Hindimeisters Sri Ramakrishna, ehe-, bedürfnis-, und kompromisslos, aber keineswegs weltfremd. Durch­weg studierte Menschen, wie Swami Nimalatmananda, der mich in den Tempel einlädt: „Hierher kommt, wer nach spiritueller Ver­vollkommnung strebt, aber auch, wer für das Gelingen eines Ge­schäftes beten will oder für einen guten Studienabschluss. Wenn Sie jedoch das einfache Volk erleben wollen, gehen Sie zum Kali-Tempel. Aber achten Sie auf ihr Geld. Die Priester sind wie Geier.“

Kalighat. Hier offenbart sich Kalkutta endgültig, in seiner ekelhaftesten und hässlichsten aber auch wunderbarsten Gestalt. Hier verschmilzt die Stadt in einem zentrischen Punkt, in dem alle Polaritäten, alle Spannungen, alles Leid und alle Freude sich zu einem energiegeladenen schwarzen Loch verdichten. Nir­gends enthüllt Kalkutta seine Extreme geballter als im Tempel der Kali, der schwarzen Göttin mit der roten Zunge, der Hals­kette aus Totenschädeln und den zwei Gesichtern. Die erschreckende Kali ist „die“ Göttin Kalkuttas. Als Shakti Shivas re­präsentiert sie den weiblichen Aspekt des Gottes als fürchter­liche und grausame Bezwingerin weltbedrohender Dämonen. Ihren Verehrern gegenüber, und das ist in Kalkutta jeder, erweist sie sich jedoch als beschützende und umsorgende Mutter.

Ich erreiche das Herz Kalkuttas an einem Samstag. Bloody Sa­turday, Opfertag. „Bakschiesch, Mister, Rupiieh Mister“, tönt es aus heiseren Kehlen. Ich quetsche mich durch. Aufdringliche Händler drücken mir Hibiskusgirlanden ins Gesicht, preisen bil­liges Schmuckwerk, Kettchen, Ringe, Armreifen, rostige Hufei­sen, Opfergaben für die Göttin. Marktschreier wollen mir man­neskraftfördernde Pillen aufschwatzen, beschwören Öle und Cre­mes, abgefüllt in Unmengen von Plastiklingams, Symbole Shivas, dem männlichen Geschlecht nachgebildet. Bettler strecken mir ihre Reisschale entgegen, Lepröse ihre Armstummel. Ich dränge mich vorbei an bethelsabbernden Greisen, klagenden Weibern, pissenden Kindern. Bis mich Mister Rashbehari erwischt. Ein Tempeldiener, ein freundlicher Mann. „Welcome“, sagt er lä­chelnd. „Darf ich Ihnen den Tempel zeigen.“ Er darf.

Ich bringe Opfer dar, reiche Kali ein paar Blüten, läute die Glocke der Schöpfung, entzünde ein Bündel Räucherstäbchen, hänge bunte Bändchen an den von jungen Frauen umringten Baum der Fruchtbarkeit und gieße Milch und heiliges Wasser auf Shiva, das heißt aufs Lingam. „Für die männliche Gesundheit“, grinst Mister Rashbehari. Plötzlich wuchtige Trommelschläge. Eine dutzendköpfige Familie schiebt sich in den abgezäunten Opferbezirk. In der Mitte der Ehemann, in seinen Händen eine blumengeschmückte, zuvor geweihte Ziege. Der Dhaki aus der Un­terkaste der Trommler prügelt auf sein Instrument ein. Glocken­gebimmel. Blitzschnell steckt ein Tempeldiener den Kopf des Tieres in eine überdimensionale hölzerne Stimmgabel, den Opfer­stock. Ein kurzer Schwerthieb. Der Ziegenkopf klatscht auf den blutsuppigen Steinboden. Ein Junge zieht den ausblutenden Tier­körper hinter sich her. „Fleisch für die Armen“, meint Rashbe­hari. Kali hat ihr Opfer. Ein Ritual, das sich an diesem Vor­mittag noch dreißig Mal wiederholen wird. Ein guter Tag für die vierhundert Kali-Priester und ihre Familien. Schließlich ver­kauft der Tempeltrust, eine Art sakral-kommerzielle Holding-Company, die Opfertiere zu völlig überhöhten Preisen.

„Auch du hast Blüten geopfert“, sagt mein fürsorgender Tem­pelführer. „Deine Familie ist nun gesegnet. Allerdings wird der Segen erst in einundzwanzig Tagen gültig, wenn ich deine Opfer­reifen an den heiligen Baum hänge.“ „Wieso erst so spät“, möchte ich gern wissen.“ „Drei Mal sieben, magic numbers, holy numbers, you understand?“ Nee, ich understande nicht und will auch nicht verstehen. Vor allem nicht, dass der Segen erst wirk­sam wird nach der Spende eines Sacks voll Reis für die Armen. Nichts gegen Spenden, aber sechshundert Rupien, fast vierzig Mark, in die Kasse geldgieriger Brahmanen, das muss nicht sein.

„Muss doch sein“, sagt Bape Chakrabarty, eine Art Oberkassie­rer, der meinen Zahlungsunwillen aus dem Hinterhalt registriert hat. Mit autoritätssteigernder Geste knüpft er sein Hemd auf und zeigt seine weiße Kordel, die ihn als standesbewußten Brah­manen, als Mitglied der Oberkaste ausweist. „Du bist reich“, sagt er, „spende 6OO Rupien und ich sorge dafür, dass deine Fa­milie gesegnet ist.“ Unselige Feilscherei, doch die Götter scheinen nicht gegen mich. Zum Glück fällt mir Satz ein, den der große Literat und Hindigelehrte Rabindranath Tagore zwar nie gesagt hat, ich mir in Anbetracht meiner pekuniären Ver­zweiflung jedoch erlaube, ihm in den Mund zu legen: „Die Gier nach Geld schadet nur der Seele.“

Der Brahmane ist beeindruckt. „Gott segne dich.“ Von nun an sind wir Freunde, „friends forever“. Als solche einigen uns auf einen kleinen Sack Reis. Zehn Dollar. Zuzüglich eine Handvoll Rupien für Räucherwerk, Blütenblätter, rotes Farbpulver, drei Lingamsteine und Schmuckreifen. Das „holy water“ aus dem Gan­ges, strahlt der neue Freund generös, „is free“. Allerdings nicht das unter seinen Schutz und in aller Heimlichkeit geknip­ste Foto jener abgehackten Ziegenköpfe, die als Opfer für Kali bestimmt waren: „Hundert Rupien!“. „Für die Armen?“ – „Nur für die Armen! Goodbye, my friend.“ „Goodbye.“ Erschienen in: Abenteuer & Reisen