11/2015 Das Lied vom armen Lazarus

Lepra-Patient_Adaikalaraj_Indien

 

Adaikalaraj, 70 Jahre,
Lepra-Hospital in Pullambadi/Indien

Früher hieß ich Rengasamy. Das ist ein hinduistischer Name, an den ich keine guten Erinnerungen habe. Denn als ich vor zwanzig Jahren an Lepra erkrankte, war niemand für mich da. Ich hatte weder Frau noch Kinder und auch keine Verwandten. Die Leute in meinem Dorf kümmerten sich nicht. Niemand wollte mit einem Mann zu tun haben, der blind wurde, keine Zehen mehr hatte und dem die Finger abfaulten. Die Menschen hatten Angst vor mir. Ich wurde ein Ausgestoßener, wie der arme Lazarus, dessen Geschichte ich erst hier im Sagayamatha Hospital erfahren habe.

Vierzig Betten haben wir in der Lepraabteilung. Manche Patienten werden nach wenigen Wochen wieder gesund, manche bleiben Monate, einige bleiben für immer. Wie ich. Hier habe ich alles was, ich brauche. Die Krankenschwestern sind immer für uns da, ich habe genug essen, und wenn die Batterien in meinem Radio verbraucht sind, bekomme ich neue. Im Sagayamatha arbeiten Christen. Die haben mich gerettet, als ich allein war. Vor Freude habe auch ich mich taufen lassen, auf den Namen Adaikalaraj. Am liebsten sitze ich auf meinem Bett oder draußen im Schatten und singe. Die Lieder habe ich mir selber ausgedacht. Sie handeln von Jesus. Und davon, dass er Blinde und Lahme heilte und nie einen Leprakranken von sich wies.