01/2015 Die Hüterin des Tores

02_Jan_2015_Alexandra

Alexandra Olschewska
84 Jahre, Kioskbesitzerin am Tor
der ehemaligen Danziger Lenin-Werft.

 

Mein Mann war Gewerkschafter und hat im Schiffsbau gearbeitet, bis er 1982 während des polnischen Kriegsrechts einen Herzinfarkt erlitt. „Sorge dich nicht um mich“, waren seine letzten Worte. „Kümmere dich um die Werft.“ Seitdem betreibe ich an dem berühmten Tor der einstigen Lenin-Werft einen Kiosk und kümmere ich um die Blumen, die Besucher aus der ganzen Welt niederlegen. Gerade habe ich eine Solidarnosc-Kaffeetasse an einen Touristen aus Hongkong verkauft.

Unvergesslich bleibt für mich, als Papst Johannes Paul II 1983 am Tor kniete und betete. Für mich ist hier mein Zuhause. Ich verkaufe Souvenirs mit dem Solidarnosc-Logo: weiß-rote Fahnen, Feuerzeuge, T-Shirts, Kugelschreiber und Schlüsselanhänger. Die Originalabzeichen von 1980, wie der Anstecker mit der Madonna von Tschenstochau, die Lech Walesa am Revers trug, sind jedoch unverkäuflich. Die bewahre ich hinter Glas auf, doch ich muss aufpassen. Diebe haben die Scheibe zerschlagen. Die haben keinen Respekt mehr. Früher gab es hier einen Blechkasten. Da warfen die Leute ein paar Zloty hinein. Für frische Blumen und Kränze für die Opfer der Freiheit, die von der Miliz einst am Tor erschossen wurden. Doch der Kasten verschwand, weil das Geld immer geklaut wurde.